Kader Abdolah: Die Reise der leeren Flaschen Kader Abdolah - Die Reise der leeren Flaschen

Aus dem Niederländischen von Christiane Kuby 
Alexander Fest Verlag 
180 Seiten 
18,42 € 
ISBN 3-8286-0060-3

 

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Die Bevölkerung der westeuropäischen Länder wird, ob sie es gerne sieht oder nicht, durch politische Flüchtlinge mit den schwierigen politischen Situationen ferner Länder konfrontiert. Bolifazl ist so ein politischer Flüchtling, der nach seiner Flucht aus dem Iran, mit seiner Familie in einem kleinen holländischen Dorf Unterschlupf findet.

Die Thematik ist als solche nicht neu, bietet sie doch im allgemeinen den Auftakt von zwei Arten von Geschichten. In der einen Art wird dem westlichen Leser die mangelnde Toleranz den Fremden gegenüber aufgezeigt, die andere Art fällt schon fast in das Genre des Politthrillers; wir erfahren detailliert von den Aktionen, die die Hauptperson zum Staatsfeind machen, und schließlich von der Flucht in das fremde Land, in dem sowieso alles besser zu sein scheint.

Die Reise der leeren Flaschen fällt in eine ganz andere, bisher kaum gekannte Sparte. Wir erfahren relativ wenig davon, wieso Bolifazl zur Flucht gezwungen wurde. Auch wird ihm von seinen neuen Nachbarn kein Leid zugefügt. Das Problem, das sich für Bolifazl stellt, ist er selber. Er selber muss mit der neuen, ungewohnten Zivilisation zurechtkommen, muss damit fertig werden, dass die Zeit, in der er sich als wichtiger politischer Aktivist fühlte, vorbei ist, und er gezwungen ist Hilfsarbeiten in einer Fabrik anzunehmen und akzeptieren, dass sich seine Frau viel besser in ihre neue Heimat einfügt als er, schneller die fremde Sprache erlernt und leichter Anschluss an die holländische Bevölkerung findet.

Der einzig wahre Freund, den Bonifazl findet, ist ausgerechnet der asoziale, homosexuelle Nachbar René. Seine Lebensweise wirkt natürlich befremdlich. Doch ausgerechnet er ist es, der Bonifazls Mutter hilft herauszufinden, in welcher Richtung Mekka liegt. Für diese Freundschaft bringt Bonifazl schließlich sogar ungeahnte Energie auf, die Hoffnung erweckt, dass Bonifazl eines Tages gut mit seiner neuen Situation zurechtkommen kann.

So fremd ihm die Welt auch ist, immer wieder werden Erinnerungen an seine Heimat wach, kleine Anekdoten aus seiner Kindheit und Jugend, farbige Mosaiksteinchen des persischen Alltags.

Die Gefühle Bonifazls beeindrucken tief. Es sind keine großen, lauten Emotionen, von denen Abdolah, der selber die Erfahrung des politischen Flüchtlings machen musste, erzählt. Es sind kleine Demütigungen und Missverständnisse, die das Leben des Fremden erschweren. Das Heimweh bleibt, doch die Chancen auf Rückkehr sind gering. Beim Leser bleibt Nachdenklichkeit.

© Till Weingärtner 2001


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