Jay Asher: Tote Mädchen lügen nicht - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Jay Asher: Tote Mädchen lügen nicht

(ab 13 Jahre)
cbt HC Verlag
Übersetzung: Knut Krüger

Hardcover
, 288 Seiten
14
,95 €
ISBN: 3-570-16020-3
Hörbuch: 3-837-10198-3

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"Alles, was wir tun, hat Einfluss auf das Leben eines anderen."

Selbsttötung ist ein überaus heikles Thema und eines, das die Hinterbliebenen vor zahlreiche Fragen stellt – nicht zuletzt vor die, weshalb dieser Mensch sich umgebracht hat. Ebenso wie bei Amoktätern hört und liest man bezogen auf Selbstmörder oft, dass es keinerlei Anzeichen gegeben habe, die auf eine solche Tat hingewiesen hätten.
Auch Hannah Baker, die Protagonistin in Jay Ashers Roman, wirkte eher unauffällig und schien keine anderen Probleme zu haben als ihre Mitschüler.

An diesem Punkt setzt der Autor mit einer guten Idee an: Vierzehn Tage nach Hannahs Tod erhält Clay Jensen, ein Junge, der heimlich für sie geschwärmt hat, einen Karton, in dem sich dreizehn Kassetten befinden. Als Clay endlich einen alten Kassettenrekorder gefunden hat und auf Play drückt, hört er Folgendes:

"Ich hoffe, ihr seid bereit, denn ich will euch die Geschichte meines Lebens erzählen, genauer gesagt, warum mein Leben ein Ende fand. Und wenn ihr diese Kassetten hört, dann seid ihr einer der Gründe dafür. Ich werde nicht verraten, welche Kassette wen von euch ins Spiel bringt. Aber keine Sorge, wer die hübsche kleine Schachtel bekommen hat, dessen Name wird irgendwann auftauchen – versprochen! Tote Mädchen lügen nicht."

Clay ist schockiert. Mit dem Rekorder in der Hand zieht er durch die Nacht. Auf sieben Kassetten nennt Hannah dreizehn Gründe, die sie zum Selbstmord veranlasst haben. Dreizehn Gründe, die von dreizehn Personen ausgehen und dreizehn Geheimnisse offenbaren.

Ebenso wie der junge Mann folgt der Leser Hannahs Geschichten, die miteinander verknüpft sind – und vielleicht nimmt er staunend wahr, dass es die kleinen Dinge waren, die sie so gequält haben: Gerüchte, Hänseleien, Gemeinheiten, gedankenlos verübte Handlungen und Sätze, die vielleicht gar nicht so gemeint waren. Alltägliche Begebenheiten sozusagen, die im Leben eines jeden mehr oder minder häufig vorkommen.

Aber wer vermag schon zu entscheiden, wo der Leidensdruck für einen Menschen zu groß wird? Das gilt erst recht für Teenager, die sensibler sind und überdies noch keine "Folie" haben, die sich durch eine gewisse Lebenserfahrung zwangsläufig entwickelt.

Hannah Baker hat vor ihrem Tod einige wenige Zeichen gesetzt: Sie hat sich die Haare abgeschnitten, sie wurde zunehmend schweigsamer – und sie hat sich mehr und mehr von ihren Mitschülern distanziert. Diese Zeichen hat niemand zu deuten gewusst bzw. niemand deuten wollen. Eine der Fragen, die sich nicht nur die dreizehn Hörer der Kassetten, sondern auch der Leser stellen soll, besteht darin, ob Hannah zu helfen gewesen wäre, wenn man aufmerksamer gewesen wäre, nachgefragt, sich um sie gekümmert hätte ...

"Thirteen reasons why", so der gelungenere – aber für den deutschen Markt augenscheinlich weniger schlagkräftige – Originaltitel spielt nicht in der Hogwarth-, Biss- oder Tintenwelt und erlaubt keine Flucht aus der Realität. Der Roman regt vor allem Jugendliche zum Nachdenken an und fordert die Frage heraus, ob man sich an Hannahs Stelle auch umgebracht hätte. Im besten Falle wird diese Frage verneint und über Auswege diskutiert.
Auch wenn dieser Roman manchmal ein wenig unglaubwürdig und an einigen Stellen hölzern formuliert ist, eignet er sich meines Erachtens auch bestens als Schullektüre für Zehntklässler.

© Heide John 2009


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