Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär

Walter Moers - Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär

Eichborn Verlag 
702 Seiten, 24,90 € 
ISBN 3-821-82969-9 
Hörbuch: 3-821-85159-7

 

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Das kleine Arschloch ist Kult! Mit seinen niedlichen Äußerungen, seinen kindlich-naiven Fantasien und seiner wichtigsten Nachricht (FICKEN!!), galt sein geistiger Vater als einer der etwas deftigeren Comiczeichner.

Walter Moers jedoch sagte: ICH KANN AUCH ANDERS! Und so erschuf er: KÄPT'N BLAUBÄR - Sie wissen schon... die einzige ehrliche Stoffpuppe, die Woche für Woche über die Mattscheibe flimmert. Aber wissen Sie auch, wie sein Leben von der Geburt an verlaufen ist? Nicht?

Um dieses Defizit auszugleichen, schrieb Walter Moers einen autobiographischen Roman über die ersten 13,5 Leben des Blaubären, die damit begannen, das er überhaupt nicht geboren wurde. Stattdessen trieb er in einer Nussschale auf dem Meer herum und machte beinahe Bekanntschaft mit einem todbringenden riesigen Malström. Aber um sein Leben nicht so schnell enden zu lassen, wird er selbstverständlich gerettet - von Zwergpiraten -, bei denen er auch sein erstes Leben verbringt, von Tratschwellen in seinem zweiten, die zuerst versuchen, ihn seines Verstandes zu berauben, doch als sie feststellen, dass er nicht reden kann, ihm das Reden beibringen; er begegnet in seinem dritten Leben dem Paradies auf Erden, wo es das leckerste Essen, die wundervollsten Getränke, die sanftesten Tiere, und alles in immer neuen Variationen, gibt. Und er gerät in allerlei Gefahren, naiv und neugierig wie er ist, landet er fast in einer Fleisch fressenden Pflanze - in seinem vierten Leben -, aus der er natürlich wieder gerettet wird, diesmal von einem zufällig vorbeikommenden Rettungssaurier, und von der Insel geflogen. Und damit beginnt sein 5. Leben, diesmal als Navigator, den der Rettungssaurier (Mac) auch dringend benötigt, da er fast blind ist und immer wieder gegen irgendwelche Felsen, Bäume etc. zu fliegen droht.

Und nun geht's richtig los... Blaubär abenteuert durch die Finsterberge, trifft einen Stollentroll (ein gar niedliches Wesen), der Dank seiner 'liebenswerten' Art von jedem gehasst wird; fällt in ein Dimensionsloch und landet wieder in den Finsterbergen - nach einigen Abenteuern und einigen blauen Flecken; na ja, und um eine 'heimliche Liebe', die er findet, geht es natürlich auch, die ihn allerdings geradewegs ins Netz einer Spinne führt - kennen Sie doch: so einer niedlichen kleinen, eine von jener Art, die Ihnen direkt ins Auge schaut und Sie im dritten Stock wohnen...

Unserem Helden gelingt es - wie üblich - in letzter Sekunde zu fliehen, und so gerät er, wie es nun einmal seine Art ist, durch ein zufällig daherkommendes Dimensionsloch in die Süße Wüste und macht dort Bekanntschaft mit merkwürdigen Wanderern, die ihm einiges Kopfzerbrechen bereiten, da wieder einmal ein Problem ansteht, das es zu bewältigen gilt, bis er sich endlich auf den Weg nach dem sagenhaften Atlantis machen kann. Allerdings - wie kann es anders sein - gibt es da auch wieder einige Hindernisse zu überwinden...

Und was mit Ihren guten oder schlechten Ideen im Gehirn passiert: in diesem Kapitel erfahren Sie es. Sie ahnen ja gar nicht, wie depressiv eine schlechte Idee sein kann, nur weil sie schlecht ist! Vor allen Dingen treffen Sie in einem Gehirn auf Gefahren, die man nicht für möglich gehalten hätte. Wie üblich gelingt es ihm, den Gefahren auszuweichen und schließlich in Atlantis anzukommen.

Seinem Leben in Atlantis widmet er übrigens den größten Teil des Buches, wobei Moers einen Teil dafür verschwendet, dass er einzelne Bewohner von Atlantis erst lang und breit erklärt. Nichtsdestotrotz durchlebt Käpt'n Blaubär einige Berufsstationen, macht Bekanntschaft mit Vampiren, Kakertratten und bekommt sogar eine Ausbildung zum Lügengladiator. Seine Lügengladiator-Kämpfe füllen übrigens den größten Teil des Kapitels. Doch dann kommt es zu einer ganz heiklen Situation, die ihn arg in Bedrängnis bringt, und er zur Belohnung für seine moralische Ehrlichkeit auch noch als Sklave in der Ofenhölle arbeiten muss. Es sah nicht so aus, als ob er da je wieder rauskommen sollte. Aber das Leben auf der Moloch war erst sein 13tes, und schließlich heißt es ja: die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär...

Fazit:

Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär ist eine Abenteuerbiographie par excellence. Viele niedliche Einfälle, teils kindlich, teils erwachsen, machen das Lesen zu einem reinen Vergnügen. Auch die manchmal auftauchenden Wortspiele oder die running gags lassen eher lauthals auflachen als in sich hineinzuschmunzeln. Wer jedoch einen zusammenhängen roten Faden sucht, sucht hier vergeblich. Das Ganze ist eine geschickt verwobene Ansammlung von Konflikten, die eher schnell, kreativ und fantasievoll gelöst sind, als realistisch. Doch ich denke, gerade die Figur des Käpt'n Blaubär lässt eine logische, realistische Lösung nicht gelten. Immerhin liefert er Lösungen (bei manchen Romanen weiß man überhaupt nicht, wie der Held aus einer unlösbaren Situation gerettet wurde). Von daher sollte man schon mit einem Augenzwinkern die Lösungen akzeptieren.

Was mir auch sehr gut gefiel, war, dass einige Figuren vom Autor auch noch gezeichnet wurden.
Die unterschiedlichen Schriftgrößen und die nicht all zu langen Abschnitte trüben auch nicht das Lesevergnügen.
Ach so, ab und an tauchen Begriffe auf, die jedoch von einem Lexikon erklärt werden können. Das Lexikon steckt in Blaubärs Kopf und liefert die benötigten Infos - nur fast immer zu spät.

© Michael Vogl 2001


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