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Gerry O'Brien -
Böse Wichte
Goldmann Verlag
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Diamanten! Die Steine, die bei manchen Menschen die Augen zum Leuchten bringen, sei es wegen ihrer nahezu endlosen Schönheit oder ihrem materiellen Wert.
Normalerweise ist es ja bei manchen Krimis so, dass sich alles um das zumeist unerlaubte Erlangen eines solch kostbaren Edelsteines dreht. Noch nie hat ein Diamant etwas anderes gespielt, als die Statistenrolle als Objekt der Begierde. Doch damit ist jetzt Schluss!
Mit Böse Wichte hatte Gerry O'Brien einen Roman geschrieben, in dem ein Diamant einmal mehr kann als nur schön auszusehen. Und was für ein Diamant! Ein ganz besonderer Diamant! Er ist schon sehr, sehr alt! So alt, dass er Napoleon und Hitler persönlich kannte.
Und er ist ein Psychopath. Er ist sogar so psychopathisch, dass die beiden erwähnten Personen gegen ihn nur Waisenknaben waren. Dieser Diamant besitzt eine besondere Fähigkeit: er kann Menschen telepathisch beeinflussen. Nichtsdestotrotz ist auch dieser Diamant erst einmal “nur” Objekt der Begierde. Er soll nämlich aus einem Juwelierladen gestohlen werden - was allerdings in doppelter Hinsicht schief geht.
Zum einen wird der Diamant durch eine Explosion aus dem Schmuckgeschäft geschleudert, bevor noch jemand genau mitbekommt, was eigentlich passiert ist, zum anderen ist auch das Fluchtauto der Gangster nicht mehr da, wo es eigentlich sein sollte.
Nutznießer beider Situation ist eine ältere Frau – Tantchen Dot. Tantchen Dot versucht ihre Stadt sauber zu halten von Rüpeln, die ihre Autos auf Bürgersteigen parken. Eigentlich eine schier unlösbare Aufgabe, die jedoch zeigt, das Dot eine couragierte Frau ist. Sie erfährt kurzfristig sogar Unterstützung von einem Hünen von Landstreicher, der dafür sorgt, dass der Fahrer des Fluchtautos flüchtet. Der Diamant wird also durch die Explosion aus dem Laden geschleudert und landet so in den Händen Dots, die ihn natürlich erst einmal einsteckt. Leider wird bei der Explosion auch der Landstreicher verletzt, und Dot begleitet ihn ins Krankenhaus, wo ihre Nichte Krümel arbeitet. Ihr vertraut sie den Diamanten an, hat sie doch ein ungutes Gefühl das Teil bei sich zu tragen.
Und – Lob der weiblichen Intuition – sie hatte Recht. Nach gar nicht mal all zu langer Zeit haben die Gangster herausgefunden, wer den Diamanten besitzt und machen sich nun auf die Suche nach Dot. Und nicht nur sie. Auch der Fahrer des Fluchtautos (Radkappe), sein Kumpan (Rudge), eine knochentrockene Stimme, eine jungenhafte Stimme, der Boss und schließlich DIE Legende Rupert.
Tantchen Dot hat alle Hände voll zu tun, um auf herrlich witzige Weise die Parteien gegeneinander auszuspielen. Leider entgleitet ihr die Situation, als sich auch noch die Polizei einschaltet und ein kleiner, harmloser Unfall schließlich zur Belagerung und Stürmung eines Hauses (raten Sie mal welches) führt. Und dies wiederum führt zu einem Aufgebot an Krankenwagen, das schon in Richtung Katastrophenschutz geht.
Währenddessen – in Krümels Handtasche – versucht der Diamant seinen Vorbesitzer telepathisch zu beeinflussen, steht doch für ihn das oberste Ziel - die Welt zu erobern - auf dem Spiel. Und dieses steht kurz bevor. Im Krankenhaus kommt es zum Showdown (der natürlich nicht ganz so hinhaut wie erwartet) und endet mit einem Happy End.
Fazit:
Mit Böse Wichte hat Gerry O'Brien einen witzigen Roman geschrieben, bei dem das Stilmittel der Übertreibung immer wieder das Zwerchfell beansprucht. Die Charaktere sind intelligent gezeichnet, und auch die sprechenden Gegenstände, die O'Brien gelegentlich auftauchen lässt, geben dem Roman einen herrlich skurrilen Touch. Auch die Steigerung beim Vorantreiben der Geschichte wurde mehr als virtuos umgesetzt.
Zum Ende hingegen hatte ich jedoch das Gefühl, dass O'Brien das Ganze nun doch eher überstrapaziert und in die Länge zieht. Das ist leider die größte (wenn auch meines Erachtens einzige) Schwäche, die dieser Roman mit sich bringt.
Alles in allem ein Lesevergnügen, das sich lohnt, und ich denke, dieser Autor, der übrigens als perfekte Mischung aus Terry Pratchett und Douglas Adams bezeichnet wird, hat eine große Zukunft vor sich. Ich jedenfalls freue mich schon auf Heiliger Schein.
© Michael Vogl 2001
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