Zoran Drvenkar: Sorry - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Zoran Drvenkar: Sorry

Ullstein Verlag
Hardcover, 400 Seiten
19
,90 €
ISBN: 3-550-08772-1

 

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Schuld und Sühne im 21. Jahrhundert

In Zoran Drvenkars neustem Roman geht es vorwiegend um Schuld und die Sühne. Können Außenstehende Schuld anderer übernehmen, ist moderner Ablasshandel möglich? Ist es mit einem lapidaren "Sorry" getan? Inwiefern kann Schuld überhaupt gesühnt werden?

Vier junge Menschen, Frauke und Tamara, sowie die beiden Brüder Kris und Wolf, haben eine vermeintlich geniale Geschäftsidee. Gegen Bezahlung wollen sie sich für andere Menschen entschuldigen. Schnell hat ihre Agentur einen gut zahlenden Kundenkreis. Manager, die ein schlechtes Gewissen gegenüber entsorgten Mitarbeitern, verlassenen Expartnerinnen usw. haben und sich mit diesen "Problemen" nicht mehr selbst beschäftigen möchten. Alles scheint bestens zu laufen, bis sie sich eines Tages bei einer brutal ermordeten Frau entschuldigen sollen…

"Sorry" ist keine einfache Lektüre, weder sprachlich noch inhaltlich. Häufige Perspektivwechsel und Zeitsprünge sind anfangs etwas verwirrend, die Brutalität mancher Szenen erschreckend und für meinen Geschmack allzu detailliert beschrieben. Ohne diese Szenen hätte ich "Sorry" vermutlich in einem Zug durchgelesen, so fesselnd ist es geschrieben.
Drvenkars präzise und knappe Schilderungen ließen Bilder in meinem Kopf entstehen, die Figuren lebendig werden. Sehr ungewohnt ist, dass der Leser mit "Du" angesprochen und in die Position des Mörders versetzt wird. In anderen Kapiteln ist der Leser dann mit dem Erzähler Beobachter und bleibt so stets Beteiligter der Geschichte.

In diesem ungewöhnlichen Psychothriller spielt die Polizei nur eine Nebenrolle. Die Spannung wird durch den Einblick in die Abgründe menschlicher Seelen und zwischenmenschlicher Beziehungen erzeugt, sowie durch das Verhalten von Menschen unter extremer psychischer und körperlicher Belastung. Wer ist Täter und wer Opfer? Die Beantwortung dieser Frage ist bei "Sorry" nicht so leicht, wie es anfangs scheint.

Störend fand ich die konsequente Verwendung von ß statt ss, sogar bei Boss und Business, sowie die fehlenden Satzzeichen bei wörtlicher Rede.

"Sorry" fragt nach Schuld und Moral und überlässt die Beantwortung dieser Fragen dem Leser. Ein beeindruckendes Buch, das ganz anders endet als erwartet und die Leser nicht nur deshalb noch lange beschäftigt.

© Monika Stache 2009


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