Jürg Federspiel - Die Ballade von der Typhoid Mary Suhrkamp Verlag
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Der 1931 in Kempthal (Schweiz) geborene Schriftsteller und mehrfache Literatur- und Kunstpreisträger beschreibt in diesem Buch auf sehr einfühlsame Weise die Gesellschaftsverhältnisse zur Mitte des 19. Jahrhunderts, wie sie sich in der „Neuen Welt“ abgespielt hat. Es ist die Zeit der Einwanderer. Die kleine Mary wird von einem Doktor von dem Schiff geholt, auf dem sie angekommen ist. Ein Großteil der Auswanderer ist während der Überfahrt gestorben und der Kinderarzt ahnt nicht, dass Mary ein Brutherd der Typhus ist, ohne dass sie daran selbst erkranken würde. Zu allem Überfluss kocht die kleine Mary auch sehr gerne! Das Unheil nimmt seinen Lauf. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, auch wenn dies, zumindest nach dem bekannten Mikrobiologen Bernard Dixon, nicht unbedingt auf die Person der Typhoid Mary zutrifft.
Das tut dem Buch aber keinen Abbruch. Alles ist schlüssig in dem Roman, es gibt keine ungehobelten Stellen. Die Sprache des Erzählers ist überzeugend und die Story ist durchaus glaubhaft erzählt. Auch tiefgründiges lässt sich in „Die Ballade von der Typhoid Mary“ finden. So z.B.: „...Es gelte, so heißt es, eine Gesellschaft und Welt zu erschaffen, die keine Heldinnen und Helden mehr braucht... Unser täglicher Opportunismus kann Helden nur noch in jenen sehen, die sich an die Spitze aller Opportunisten setzen. Schau, wie sie auftreten, die Politiker, die Redner aller Art, die Schriftsteller, diese anbiedernde, holperige Volkstümlichkeit mit dem Heiligenschein des Intellekts, als welcher er den Armen im Charakter erscheint...“
Kurz und gut – ein Büchlein, dass man getrost (nicht nur Mikrobiologen) empfehlen kann.
© Stefan T. Pinternagel 2006
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