Daniel Höra: Gedisst Berlin Verlag
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Jugendkrimi in einer ostdeutschen Plattenbausiedlung
Das Jugendbuch "Gedisst" von Daniel Höra spielt in einer ostdeutschen Plattenbausiedlung und wurde mir als besonders authentisch empfohlen. "Dissen" bedeutet schlecht machen, schlecht behandeln und beschreibt das Leben der Hauptfigur sehr treffend.
In dieser Siedlung in Schwedt wohnt Alex (14) mit seinem Vater und seiner Schwester. Arbeitslosigkeit, Alkohol und andere Drogen, Diebstähle, Neonazis und Gewalt gehören zum Alltag. Eines Tages wird Alex verdächtig, eine Nachbarin überfallen und so schwer verletzt zu haben, dass die ältere Frau am nächsten Tag stirbt. Alex ist mitten in der Pubertät, orientierungslos, hört Sido und Bushido, bereits als Dieb und gewalttätig bekannt. Daher ist es leider nicht verwunderlich, dass er schnell als Täter gilt. Schon vor dem Mordverdacht weiß Alex genau, wie es sich anfühlt von anderen gedisst zu werden.
Nach dem Tod der Nachbarin schlägt ihm eine Welle der Ablehnung entgegen. Von der Polizei wird er bedrängt, "vernünftig zu sein" und die Tat zuzugeben. Sein Vater steht zwar hinter ihm, kann aber nicht helfen. Da auf die Erwachsenen kein Verlass ist, müssen Alex und zwei Freunde sich alleine an die Aufklärung des Falls machen...
Übel aufgestoßen ist mir, welches Bild der Zielgruppe von der Polizei vermittelt wird. Es ist eine Sache, ob Alex den Eindruck hat, die Polizei würde sich nicht kümmern. Wiederholt rechtswidriges Verhalten eine ganz andere. Zwei Beispiele: Weder darf ein minderjähriger Verdächtiger über Stunden hinweg bis tief in die Nacht verhört werden, noch ohne Anwesenheit eines Elternteils oder Anwalts. Als Alex beim täglichen Melden auf der Wache mit gebrochener Nase und zerschlagenem Gesicht Derscheint, kommentieren die beiden anwesenden Polizisten: 'Dafür wäre es auch höchste Zeit gewesen!' Kein Wunder, dass es in dieser Siedlung als unehrenhaft gilt, die Polizei einzuschalten - egal was passiert.
Der Titel und das trostlose Titelbild passen zum Inhalt. "Gedisst" zeigt den Lesern eine Welt, die sie hoffentlich nicht aus eigener Erfahrung kennen, gänzlich ohne erhobenen Zeigefinger. Als Diskussionsgrundlage gut geeignet. Zwei Sterne Abzug wegen Schwarzmalerei und einiger unglaubwürdiger Fügungen.
© Monika Stache 2009
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