George Orwell:
1984 Sprecher: Dieter Borsche,
Ernst Jacobi, Angela Winkler |
In der fiktiven Welt des Jahres 1984 herrschen drei
Supermächte: Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Nach außen liegen sie in ständig
wechselnden Konstellationen permanent im Krieg miteinander. Nach innen
unterdrücken sie ihre Völker. In London, der Hauptstadt Ozeaniens, herrscht eine
Partei - Oligarchie, unterteilt in den "inneren" und den "äußeren" Bereich,
optisch zu unterscheiden an schwarzen und blauen Overalls. Von allen Wänden und
Televisoren, den allgegenwärtigen Überwachungsbildschirmen, starrt das Bild des
"Großen Bruders", eines fiktiven Parteiführers, dessen allgegenwärtige Präsenz
den Alltag von Ozeanien bestimmt und der als Zitat auch in unserer
Alltagssprache ist. "Big brother is watching you!"
Winston Smith, der mit vielen anderen der äußeren Partei im
"Wahrheitsministerium" an der systematischen Verfälschung der Geschichte
arbeitet, lehnt sich innerlich gegen das autoritäre System auf. Er flieht in die
Erinnerung, aber die bereits verfälschte historische Wahrheit lässt keine klaren
Erinnerungsbilder mehr aufkommen. "4. April 1984" schreibt Winston Smith in sein
Tagebuch und weiß erst einmal nicht weiter. Den ganzen Tag hat er als
Registrator im Wahrheitsministerium Dokumente verfälscht. Nun will er ein
privates Tagebuch führen. Mit dem ersten Eintrag beginnt ein mühsamer Versuch
der Auflehnung. Dieser manifestiert sich auch in der geheimen, gegen die
sexualfeindliche Parteidoktrin verstoßende Liebesbeziehung zu Julia und
natürlich in der Lektüre der Schriften des Emmanuel Goldstein (in Anlehnung an
Leo Trotzki, eigentlich Leib Bronstein, und die amerikanische Anarchistin und
Feministin Emma Goldman).
George Orwell wurde als Eric Arthur Blair am 25. Juni 1903
im bengalischen Motihari (Bilar/Nordostindien) geboren. Als Sohn eines Beamten
des britischen "Opium Departments" bekam er ein Stipendium für die Eliteschule
Eton, die er von 1917 bis 1922 besuchte. Den anschließenden Dienst in der Indien
Imperial Police in Birma quittierte er 1927 aus Protest gegen den englischen
Imperialismus. Die nächsten Jahre verbrachte er als Gelegenheitsarbeiter, unter
anderem als Tellerwäscher und Privatlehrer. Literarisch verarbeitete er diese
Erfahrungen in den Werken
"Tage in Burma" und
"Erledigt in Paris und London". Wie viele politisch interessierte
Schriftsteller seiner Generation schloss sich auch Orwell 1936 den
Internationalen Brigaden auf Seiten der republikanischen Kräfte im spanischen
Bürgerkrieg an. Mit
"Mein Katalonien" brachte er seine tiefe Enttäuschung über die Querelen der
Linken in Spanien zum Ausdruck, vor allem über die stalinistische Ausrichtung
der Kommunisten.
In seinen journalistischen Arbeiten versuchte er immer, den Sozialismus durch
Aufzeigen historischer Irrtümer als Idee zu retten. In seiner beiden
Anti-Utopien
"Farm der Tiere" und "1984", die ihn bis heute zu einem der
meistgelesenen englischen Autoren machten, entpuppte er sich jedoch als
grenzenloser Pessimist. Am 21. Januar 1950 starb Orwell an den Folgen einer
Tuberkulose-Erkrankung.
Der Südwestfunk und Rias Berlin produzierten das Hörspiel bereits 1977. Ernst
Jacobi, Angela Winkler und Dieter Borsche sind die bekanntesten Sprecher. Der
Audio Verlag veröffentlichte das Hörspiel dann 2003 als Hörbuch.
Insgesamt 106 Minuten dauert das Hörspiel. Und hat dabei eher szenischen
Charakter. Wie anders aber soll ein (staats-) philosophisches Thema, die Vision
von einem totalitären System, eine vermeintlich staubtrockene Frage auch anders
gestaltet werden? Das vorliegende Hörbuch bietet sicherlich die angemessene
Präsentationsform.
Was bleibt sonst noch zu sagen? Literaturwissenschaftlich dürfte das
Original-Buch längst ausgiebig bearbeitet worden sein. Das Hörbuch steht der
Vorlage hinsichtlich Dichte und Aussagekraft in nichts nach. Die Adaption des
schwierigen Themas für das Gehör ist vollauf gelungen. Hier hat das Hörspiel ein
Niveau erreicht, das seiner angemessen ist.
© Andreas Rüdig 2007
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