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Kester
Schlenz - Nachtblau Goldmann Verlag
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Also, ich stelle mir das in etwa so vor: Kester Schlenz sagte sich eines Tages: Ich bin Redakteur in der Frauenzeitschrift Brigitte. Als Redakteur in einer Frauenzeitschrift kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass ich die Frauen auch verstehe. Und damit das alle andere auch erkennen, schreibe ich einen Roman um einen weiblichen Vampir. So oder so ähnlich kann sich das abgespielt haben - rein spekulativ natürlich.
Und ich muss ganz ehrlich sagen: Kester Schlenz, bekannt durch seine "Mensch, Papa"-Geschichten, hat es geschafft, eine Protagonistin zu erschaffen, deren Vielschichtigkeit kaum noch zu unterbieten ist. Nein, wirklich: so wenig Vielschichtigkeit habe ich selten bei einer Frau erlebt.
Kommen wir zur... darf ich in diesem Fall eigentlich Story sagen? Na, komm, machen wir es einfach mal.
Ludmilla, eine 22jährige Archäologiestudentin, wird von einer Freundin zu einem Picknick eingeladen. Dort trifft sie zufällig ihren Ex, von dem sie sich vor kurzem getrennt hat. Zudem trifft sie ihn auch noch mit seiner neuesten Flamme. Das gibt ihr den Rest, und sie rennt einfach weg. Als krönender Abschluss dieses Tages wird sie zwar von einem Auto mitgenommen, doch die Fahrerin entpuppt sich als Vampir, macht Ludmilla zu ihresgleichen und verschwindet.
Nun hat unsere Heldin, nachdem sie aus ihrem "Schlaf" aufgewacht ist, einen tierischen Hunger, greift sich zuerst sogar ein Tier, etwas später sogar einen Menschen. Dann beschließt sie, aus der Gegend zu verschwinden, irgendwohin, wo sie keiner kennt und sie nicht Gefahr läuft, jemanden zu töten, der zu ihrem Freundeskreis gehört. Sie kommt in die Stadt, rettet dort einen Nachtclubbesitzer vor zwei Schlägertypen (als Vampirin hat man nämlich Kräfte, bei denen Superman ins Grübeln kommt, hm hm...), arbeitet bei ihm als Bedienung (sehr zum Ärger eines Angestellten, der sie nicht leiden kann), und stillt ihren Hunger nur am miesen Volk.
Es kommt zu einem Eklat, als ein Gangsterboss dem Nachtclubbesitzer eins auswischen will, von Ludmilla gedemütigt wird (hatte ich schon erwähnt, das eine Vampirin Kräfte besitzt, bei denen selbst Superman ins Grübeln kommt?) und seine Rache dadurch auslebt, dass er ein paar Jungs mit fetten Wummen in den Nachtclub schickt und sie wild und ziellos drauflos ballern lässt. Mit Erfolg: einer von Ludmillas neuen Freunden stirbt im Kugelhagel.
Nun schaltet sich ein neuer Protagonist ein: ein Polizist namens Michael Goldstein. Ludmilla verliebt sich in ihn, aber sie kann und will ihm ihr Geheimnis nicht verraten. Dafür erfährt jemand anderes alles von ihr: Professor Barker, der für eine "Überraschung" sorgt.
Ludmilla schafft es allerdings, erstmals im Alleingang, den Gangsterboss alle zu machen (der geneigte Leser weiß ja nun: Vampirinnen haben Kräfte, bei denen selbst Superman ins Grübeln kommt...), prügelt sich noch durch ein paar Widrigkeiten des Lebens, kommt mit Michael Goldstein zusammen und lernt einige neue Vampire kennen, die in einer Art Orden zusammenleben. Ein Orden, in dem eine sehr strenge Hierarchie herrscht. Aber auch hier gibt es – wie im Nachtclub – eine Person, die Ludmilla nicht leiden kann und sich sehnlichst wünscht, die 22jährige fertig zu machen.
In einem dramatischen Showdown werden die beiden Widersacher getötet, die Oberin der Vampirclique stirbt ebenfalls, Michael Goldstein wird zum Vampir gemacht und – und das war sogar für mich eine echte Überraschung – wendet sich aufgrund dessen von der Archäologiestudentin ab, Professor Barker entpuppt sich – jedoch schon ein wenig früher – als letzter männlicher Vampir, sogar einer, um den sich schon Legenden ranken, und Ludmilla ist nun die neue Oberin des Clans.
Fazit:
Nachtblau ist ein Roman, den man getrost ungelesen im Bücherregal stehen lassen kann. Die Story ist irgendwie blah, die Charaktere so was von stereotyp, der Schreibstil lässt auch nicht wirklich standing ovations erklingen. Zudem wirkt das Ganze zu konstruiert, hanebüchen und an recht vielen Stellen sehr, sehr lieblos.
Kurz: Alternativen zu diesem Roman gibt es mehr als genug. Man greife lieber zu einer solchen.
© Michael Vogl 2003
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