H. P. Lovecraft - Die Katzen von Ulthar - Rezension Lettern.de H. P. Lovecraft - Die Katzen von Ulthar

Pendragon Verlag
Taschenbuch
, 200 Seiten
8
,00 €
ISBN: 3-518-39255-7

 

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"Die Katzen von Ulthar", "Das weiße Schiff", "Celephais", "Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath", "Der Silberschlüssel" und "Durch die Tore des Silberschlüssels" heißen die Geschichten, die in diesem Taschenbuch enthalten sind. Man muss sich schon sehr für phantastische Literatur interessieren, um zu diesem Buch zu greifen. "In den phantastischen Erzählungen werden Welten, Zeiten und Mächte außerhalb des irdischen Bereichs einfallsreich ausgemalt," verspricht zwar die Werbung; letztendlich wird der Leser aber mit den Erzählungen allein gelassen. Die Geschichten erzählen von Orten, Personen und Ereignissen, die es nur in der Phantasie des Autoren gibt. Vordergründig wird dem Leser zwar klar, dass es hier um Traumwelten geht, also Welten, die nichts mit unserem täglichen, praktischen Leben zu tun haben. Dennoch wäre es aber an vielen Stellen nötig gewesen, Orte, Personen und ihre Bedeutung vorzustellen und sie so in den Zusammenhang der Handlung einzuordnen. Es bedarf leider sehr viel Konzentration seitens des Lesers, um die Geschichten zu lesen, ohne den sprichwörtlichen roten Faden zu verlieren.

Ein Gebräu an Philosophie.

Mit Ausnahme des Kurzromans? Traumsuche?? und der Erzählung? Durch die Tore?? finde ich die meisten dieser Geschichten ziemlich belanglos. Man könnte sie romantische Unterhaltungsliteratur mit viel Phantasie bezeichnen. Die Katzen von Ulthar. Ist so etwas wie eine Legende (wie etwas zu lesen ist) oder Sage, denn sie dient dazu, eine kulturelle Eigenheit der Stadt Ulthar zu erklären.

"Celephais" und "Das Weiße Schiff" sind so eine Art erträumtes Roadmovie, allerdings auf einem ebenfalls erträumten Kontinent. Die Karte zu diesen Ländern ist der Lovecraft-Biografie entnommen, die Lin Carter schrieb. Es gibt aber noch eine Karte, die viel detailreicher und schöner ist. Erhard Ringer hat sie für den Heyne-Verlag gezeichnet. Sie ist im Fantasy-Storyband Ashtaru der Schreckliche (Heyne 06/3915) auf Seite 132/33 abgedruckt, um die Lovecraft-Story "Iranons Suche" ,ebenfalls ein Dunsany-Imitat, zu illustrieren. Leider konnte ich auch darauf "das unbekannte Kadath" nicht finden.

Weitaus interessanter sind daher die zwei zusammengehörigen Silberschlüssel-Erzählungen. In beiden ist Randolph Carter die Hauptfigur. Fasziniert verfolgte ich die zahlreichen Verwandlungen Carters: vom Träumer über den Materialisten, hin zum Okkultisten und wieder zurück zum Träumer. Weil er seine echten Träume nur in der Kindheit wieder findet, kehrt er in seine angestammte Heimat zurück, wo er exakt 45 Jahre zuvor bereits einmal auf das Geheimnis der Höhle "Schlangengrube" gestoßen war und fortan die Zukunft voraussah (warum wohl?!). Im Jahr 1928 geht er durch dieses Tor wieder hindurch, um dort zwei Jahre später (oder 47 Jahre früher?) wieder zurückzukehren.

Die stufenweisen Verwandlungen Carters auf seinem Weg von der Erde zur Welt Yaddith folgen a) der modernen Quantenphysik, wie sie seit Einstein, Planck, Heisenberg bekannt war. Die Geschichte wurde 1932 geschrieben und veröffentlicht. Daher ist auch schon die Entdeckung des Planeten Pluto, hier "Yuggoth" genannt, im Jahr 1930 schon berücksichtigt. Und b) wird die Archentypentheorie des Psychoanalytikers Carl Gustav Jung berücksichtigt. Beide Einflüsse werden zusammengebracht und mit dem Cthulhu-Mythos kombiniert.

Als Ergebnis sieht sich der Leser mit einem heftigen, aber interessanten Gebräu an Philosophie konfrontiert. Es dient dazu, die künftige Entwicklung des prototypischen Menschen Randolph Carter vorzuzeichnen. In England machte zur gleichen Zeit Olaf Stapledon das Gleiche: In den zwei Science Fiction-Romanen Der Sternenschöpfer und Die letzten und ersten Menschen breitet er eine weit gespannte Vision von der Weiterentwicklung des Menschen aus, die Milliarden Jahre in die Zukunft reicht (zuletzt abgedruckt bei Heyne in der "Bibliothek der Science Fiction-Literatur").

Lovecraft und Price hingegen misslingt ihr Versuch, Carter als die Zukunft der Menschheit zur präsentieren, gründlich. Erstens haben sie nicht das philosophische Rüstzeug dafür, zweitens müssen sie an die Unterhaltung ihrer Leser denken und dafür immer darauf achten, irgendwelche Horroreffekte einzubauen. Dazu bedienen sie sich einer Sprache, die an den frühen HPL gemahnt: Alle Fremde ist entweder sinister, blasphemisch, ungeheuer, ominös, mysteriös oder gar "oblique" (was im Grunde nur "schräg" bedeutet). Der Übersetzer Michael Walter tut uns keinen großen Gefallen, dies alles so nah am Original zu belassen. Wie das Beispiel "oblique" zeigt, kommt dabei manchmal Unsinn heraus.

Ko(s)mischer Unsinn obendrein! Ein Zauberer, der aussieht wie ein Tapir? Ist dies also die Behausung, die ein "edler Geist" wie Carter verdient hat? Wohl kaum! - Und während der ganzen Geschichte tickt eine "sargförmige Standuhr mit vier Zeigern einen unirdischen Rhythmus" Na, Prost Mahlzeit! Die Stunden des Lesens jedenfalls tickten nur zäh und ungemütlich vorüber.

Für eingefleischte HPL-Fans hält dieser Band ein paar nette Erzählungen sowie den ungeschliffenen Roman Traumsuche bereit. Doch den durchschnittlichen Phantastikleser dürften die Inhalte doch eher abschrecken. Für wirklich gute Unterhaltung ist hier nicht gesorgt," schreibt Michael Matzer in seiner durchaus lesenswerten Rezension auf Phantastik-Couch.de. Ich zitiere Matzer hier absichtlich. Bei Matzer merke ich, dass er ein Phantastik-Fan ist.

Ich bin dagegen ein Anfänger, der aus Unwissenheit und Anfängertum zu einem ganz anderen Urteil gekommen ist. Der geneigte Leser kann sich so ein eigenes Urteil zu dem Klassiker der phantastischen Literatur, H. P. Lovecraft bilden.

© Andreas Rüdig 2008


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