Antoine Maurel/Hamo: Der schwarze Mann - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Antoine Maurel/Hamo: Der schwarze Mann

Ehapa Comic Collection
Hardcover
, 148 Seiten
34
,95 €
ISBN: 3-770-43425-0
 

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Ein Comic-Thriller in französischer Tradition

"Der schwarze Mann" erscheint bei Ehapa in der beliebten "All in One"-Edition, in der alle Teile einer Serie in einem Band zusammengefasst werden. In diesem Falle ist das sehr nützlich, da der Inhalt recht vertrackt ist.

Der junge Alceste ist ein ehemaliger Journalist, der gegen einen adligen Bankier recherchierte. Im Laufe der Zeit hatte er sich aber in dessen Tochter verliebt, gab ihr zuliebe die journalistische Laufbahn auf und trat eine Stelle bei dem verhassten Bankier an. Doch eines Tages taucht ein geheimnisvoller schwarzer Mann auf, der Alceste unter Druck setzt. Eines Tages erscheint der vernichtende Zeitungsartikel, der den Bankier ruiniert und jeder denkt natürlich, dass Alceste nun doch den Artikel geschrieben hatte und somit verlässt ihn seine Verlobte. Doch Alceste behauptet, es nicht geschrieben zu haben, sondern der schwarze Mann. Doch Alceste ist nicht der einzige, den der schwarze Mann besucht. Einige straft er, andere inspiriert er. Und dann geschehen mehrere Morde und die Jagd auf den schwarzen Mann beginnt. Doch wer ist er? Und vor allem: was plant er?

Es ist schon eine Herausforderung, bei diesem Band eine Inhaltsangabe zu schreiben, denn es gibt mehrere Erzählschichten und viele Charaktere in diesem Mysterythriller und viele Charaktere werden auf unterschiedlichste Weise von dem schwarzen Mann beeinflusst. Da droht manchmal der Überblick verloren zu gehen. Dennoch weiß der Band einen zu packen. Der Zeichenstil trägt seinen Teil dazu bei. Er ist eindeutig beeinflusst von der klassischen belgischen Schule. Ohne ein Vertreter der so genannten ligne claire zu sein, nutzt der Zeichner Hamo doch einige Stilmerkmale wie eine einheitliche Kolorierung und einen stark reduzierten Strich. Dennoch kann er manchmal einige leicht expressionistische Panels einbringen. Vor allem die dezent gesetzten Lichteffekte sind sehr wirkungsvoll. Ansonsten ist die Zeichnung recht gefällig, fällt aber nicht sonderlich auf.

Die Story ist ganz im Stile und der Tradition der französischen Kolportageromane und Abenteuergeschichten gehalten. Victor Hugo tritt sogar persönlich auf und die Seiten atmen den Geist eines Alexandre Dumas und eines Gaston Leroux. Indem ein Schriftsteller dieser Genres eingeführt wird, vermag es der Autor Antoine Maurel geschickt die literarische Tradition einzubinden. "Der schwarze Mann" trifft den Geist der damaligen Zeit hervorragend und verbindet diesen mit einem gehörigen und glaubwürdigen Schuss Psychologie. Oder besser: der Psychoanalyse. Der Schurke hält den Leser nicht nur gefangen, indem die Figur an sich, sondern vor allem auch seine Motive und sein Plan sehr schleierhaft sind. Leider ist die Auflösung eines großen Rätsels oft recht enttäuschend. Wie auch hier. Und die Auflösung geschieht auch ganz im Sinne der literarischen Tradition und kommt damit recht undramatisch und ohne Action daher. Das ist zwar alles literaturhistorisch begründet und eingebettet, aber dennoch etwas enttäuschend. Eines der größten Rätsel aber bleibt: wofür steht der schwarze Mann? Ist er ein Symbol für die Einsamkeit? Eine Muse? Ein Racheengel? Steht er für die Triebe und das Begehren? Ist er eine Art Dr. Jekyll und Mr. Hyde? Oder ist er all das und damit der von C. G. Jung eingeführte "Schatten"? Gerade dieser Aspekt ist es, der den Leser auch künftig dazu veranlassen wird, den Band trotz einiger Schwächen immer wieder zur Hand zu nehmen.

Ein opulenter Comicband ganz im Sinne der französischen Literaturtradition. Er vereint aber nicht nur alle Stärken des französischen Abenteuer- und Kolportageromans, sondern auch die Schwächen. Die Zeichnungen sind abgesehen von den hervorragenden Lichteffekten auch nur grundsolide.

© Jons Marek Schiemann 2011


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