Kai Meyer - Die fließende Königin - Rezension Lettern.de

Kai Meyer - Die Fließende Königin

Loewe Verlag
(ab 12 Jahre)
272 Seiten, geb. 
14,90 €
ISBN 3-785-54015-9

 

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Um es gleich vorwegzunehmen: Wer dahinter wieder "nur einen weiteren langweiligen Harry-Potter-Nachahmer" vermutet und demzufolge dem Roman nur Nichtbeachtung schenkt, versäumt eine Perle der Jugendliteratur. Auch wenn der Roman ein wenig nüchterner geschrieben ist (daran sollte Kai Meyer doch noch ein wenig arbeiten), so besticht er doch gleichzeitig durch viel Fantasie und Fantasy.

Zur Story:

Die 14jährige Merle und ihre Freundin, die ein Jahr jüngere, blinde Junipa, leben in einer Stadt namens Venedig. Beide sind Waisen, und beide kommen als Lehrlinge in die Spiegelmacher-Werkstatt des Arcimboldo. Dort lernen sie ein bisschen über die Kunst des Spiegelherstellens, lernen auch, sich gegen die drei älteren Lehrlinge zu behaupten, lernen aber auch, dass Arcimboldo im Clinch liegt mit dem Webermeister Umberto. Und nicht nur die beiden fetzen sich, nein, auch die Lehrlinge beider Parteien spielen Kleinkrieg miteinander.

So kommt es eines Tages zu einer Aktion, in dem die Weberlehrlinge einen Farbanschlag auf die Spiegelmacher-Lehrlinge ausführen, der jedoch nicht so abläuft, wie es eigentlich geplant ist. Während dieser Zeit verguckt sich Merle in Serafin, einen der Weberlehrlinge. Zufällig trifft sie ihn auf einem Volksfest wieder. Sie machen einen Spaziergang, und er erzählt ihr, dass er früher ein Dieb gewesen war, der nächtens in Häuser einstieg. Um das zu untermauern, steigen er und Merle in ein Haus ein, in dem drei Ratsherren und ein Ägypter einen Verrat begehen wollen.

Venedig wird seit über 30 Jahren von dem ägyptischen Imperium belagert, nur beschützt die Fließende Königin das Volk von Venedig vor dem Übergriff. Nun aber war es den Ratsherren gelungen, die Fließende Königin in eine Karaffe zu sperren. Merle und Serafin versuchen den Verrat zu verhindern, indem sie sich schreiend von der Brüstung stürzen, von der sie die ganze Zeit gelauscht haben, die Karaffe entreißen und nach einer wilden Actionsequenz tatsächlich fliehen können - zumindest Merle.

Serafin wird von den Wachen, die übrigens auf fliegenden Löwen reiten, geschnappt. Merle indes versteckt sich in einem alten Haus und hält Zwiegespräch mit der Fließenden Königin und erfährt allerlei Interessantes. Dass sie auserkoren sei, Venedig zu retten, dass sie eine entscheidende Rolle spielen werde. Allerdings müsse sie zwei Sachen unbedingt noch erledigen. Zum Einen müsse sie die Fließende Königin trinken (was unserer Heldin nun überhaupt nicht schmeckt), zum Anderen müsse sie noch Verinthax, den obsidanen, fliegenden und sprechenden Löwen, der noch heute als der Uralte Verräter bezeichnet wird, aus seinem Gefängnis befreien. Dabei kommt ihr ein besonderer Umstand zur Hilfe: ein Bote der Hölle bricht aus den Tiefen der Erde hervor, um den Bewohnern Venedigs einen Pakt anzubieten. Dass er dabei ein paar Häuser abfackelt... Na ja, wo gehobelt wird, fallen halt Späne...

Im ganzen Tumult gelingt es Merle, unbemerkt ins Gefängnis einzudringen und den Löwen zu befreien. Serafin, der auch in diesem Gebäude untergebracht werden sollte, gelingt bei dem Trubel und dem Durcheinander ebenfalls die Flucht. Während Merle und Verinthax durch die Lüfte segeln, auf eine Insel zu, schleicht sich der Weberjunge auf das Boot, mit dem Arcimboldo seine Zauberspiegel zu seinen Kunden bringt. Doch führt sein Weg nicht in Venedigs Innenstadt; vielmehr führt es ihn hinaus auf Inseln, dessen Herrscher nur die Wasser sind, die sie umspülen. Und auch an diesen vorbei, bis er auf eine Insel kommt, auf der er die Spiegel abliefert und sich mit einem ziemlich hässlichen Wesen unterhält. (was Serafin in seinem Versteck alles mitbekommt).

Er beichtet, dass er vorerst keine weiteren Spiegel mehr liefern kann, weil ja die Fließende Königin nicht mehr in Venedig weilt, worauf das Wesen knallhart klar macht, dass sich somit die Abmachungen und die Pläne geändert haben und er die blinde Junipa schon früher bringen müsse. Danach verschwindet das Wesen. Serafin schnappt sich den Zauberer und verlangt eine Erklärung.

Damit endet leider auch schon der erste Teil der Trilogie, von dem es dummerweise erst 2 Teile gibt. 

Fazit:

Die Fließende Königin ist fernab jeglicher Harry-Potter-Zauberwelt. Der Roman besticht durch ein realistisches Szenario, bei dem Kai Meyer allerdings so schreibt, dass man Fantasiewesen wie z. B. die Meerjungfrauen und die fliegenden Löwen nicht als Fabelwesen sondern tatsächlich als reelle Wesen zu sehen glaubt. Obwohl dieses Buch eigentlich sehr gut geschrieben ist (von der Wortwahl her), so hat man leider doch manchmal das Gefühl, es fehlt ein bisschen an Leben. Die Story itself und die Ideen gleichen dieses Manko jedoch aus.

Ach, apropos Manko: eines hat dieser Roman leider doch noch: knapp 15 Euro für 272 Seiten. Band 2 – Das Steinerne Licht – kommt mit 70 Seiten mehr für fast den gleichen Preis heraus.

Trotz alle dem kann man sich diesen Roman ruhigen Gewissens zulegen, zumal er sich vom üblichen Einheitsbrei, auch in der Jugendliteratur, abhebt. Kai Meyer ist m. E. ein Autor, den man im Auge behalten sollte.

© Michael Vogl 2002


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