enaud/Jean Dufaux: Jessica Blandy 1 - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Renaud/Jean Dufaux: Jessica Blandy 1

Schreiber & Leser Verlag
Hardcover
, 164 Seiten
24
,80 €
ISBN: 3-941-23929-5
 

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Glitzernde Oberflächen und Mord

Der Verlag Schreiber und Leser bringt einen Klassiker des franko-belgischen Comics in einer kompakten Ausgabe erneut auf den deutschen Markt. Dabei sammelt jeder Band einzelne Alben der Serie "Jessica Blandy". Im ersten Band der Werkausgabe sind "Enola Gay", "Dr. Zack" und "Garden of Evil" enthalten. Von denen war bislang nur "Enola Gay" auf Deutsch erhältlich.

Jessica Blandy ist eine Schriftstellerin, die ihr Leben genießt. Ihr Freund und Liebhaber Scott trägt wesentlich dazu bei. An einem Morgen allerdings werden Scott und seine Familie brutal ermordet. In ihrer Trauer und Wut engagiert Jessica einen befreundeten Privatdetektiv, den Mörder zu finden. Doch hinter den Verbrechen scheint mehr zu stecken als man ahnt. Und auch Jessica gerät nur zu bald in Gefahr. Der zweite Teil "Dr. Zack" bringt die erste Story zum Abschluss. In "Garden of Evil" gerät Jessica in die Fänge einer degenerierten Familie in den Sümpfen der Südstaaten von Amerika. Gelingt es ihr, mit heiler Haut davonzukommen?

Jean Dufaux ist ein wahrer Tausendsassa im Comicbereich. Er textete so gut wie jedes Genre. Vom humoristischen Genre über Fantasy, Horror, Historienstoffen, Seefahrer, Erotik und Spionage kann er einfach alles. Eine seiner prägendsten Serien aber war "Jessica Blandy", deren erster Band 1987 in Frankreich erschien. Im sehr informativen Vorwort der neuen deutschen Ausgabe weist Jacques Baudou darauf hin, dass mit der Serie der franko-belgische Comic erwachsen wurde. Es wurden nicht mehr nur unterhaltsame Storys geliefert, sondern diese wurden fortan mit gesellschaftlicher Kritik verbunden. Und damit steht die Serie ganz in der Tradition des amerikanischen Kriminalromans, auf die auch Bezug genommen wird.

Es ist sehr geschickt, wie die Heldin eingeführt wird. Eine unschuldige Person in ein Verbrechen zu verwickeln ist ein beliebtes Thema. Aber für eine Serienheldin, die nicht beruflich mit Mord und Konsorten zu tun hat, ist dieses schwierig, ohne eine Überkonstruktion zu riskieren. Im ersten Band wird das gut gelöst, indem eine wichtige Bezugsperson ermordet wird und die Heldin fortan eine gewisse morbide Faszination für die dunkeln Seiten des menschlichen Daseins entwickelt. Das ist eine dramaturgisch geschickte Lösung und vor allem glaubwürdig und nachvollziehbar. Der reduzierte, realistische Strich der Zeichnungen zeigt Schönheit und Idylle. Oder besser: er täuscht sie vor. Denn die schönen Zeichnungen können nicht davon ablenken, wie es unter der glitzernden Oberfläche aussieht. Dort ist alles verdorben, korrupt und traumatisiert. Voller Gewalt und Gewaltbereitschaft. Die Handlung läuft völlig konträr zu dem Schein, der durch die Zeichnungen geschaffen wird. Dabei schaffen es interessante Akzentuierungen (wie etwa auf Seite 37 die Spiegelreflexion im Fenster) in den Panels die Handlung wesentlich voranzubringen. Die ganze Serie ist sehr spannend, erotisch und glaubwürdig. Leichte Fehler in den Zeichnungen (die Heldin schielt manchmal etwas und die Katzengesichter gehören auch nicht zu den Stärken von Renaud) verzeiht man gerne. Die Spannung wird vor allem durch geschickte Parallelmontagen aufgebaut. Bei diesem Band kann man nichts falsch machen. Auch das handliche Format kann nichts von der Qualität der Panels nehmen. Insgesamt eine sehr gute Neuauflage. Es ist zu hoffen, dass diese klassische Serie ihre Leserschaft findet und alle 24 Folgen gesammelt erscheinen können.

Klasse! Die Neuauflage der Krimiserie "Jessica Blandy" besticht nicht nur im Format und Qualität. Wer spannende, erotische, klug konstruierte Storys in Krimis mag, sollte diesen modernen Klassiker des franko-belgischen Comics auf keinen Fall im Laden stehen lassen.

© Jons Marek Schiemann 2010


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