Lionel Shriver: Liebespaarungen - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Lionel Shriver: Liebespaarungen

Piper Verlag
Übersetzung: Monika Schmalz

Hardcover
, 592 Seiten
19
,95 €
ISBN: 3-492-05096-4

 

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Die Kirschen in Nachbars Garten... oder die eigenen... oder alle

In ihren ersten Roman seit "Wir müssen über Kevin reden“ wagt Lionel Shriver sich an ein ganz anderes Thema, ein Beziehungsdrama in zwei Spielarten.

"Was wäre gewesen, wenn…"

Das ist die Frage, die sich die Hauptfigur Irina im Laufe des Romans "Liebespaarungen" immer wieder stellt. Was wäre passiert, wenn sie an dem einen Abend anders gehandelt hätte. Da es sich um einen Roman handelt, werden dem Leser beide Möglichkeiten geboten, in sich abwechselnden Kapiteln.

Irina lebt seit rund zehn Jahren mit Lawrence zusammen, einem Wirtschaftswissenschaftler. Beide sind Amerikaner, fühlen sich in London aber inzwischen heimisch. Einer ihrer besten Freunde ist Ramsey, ein professioneller Snooker-Spieler, der sich vor kurzem von seiner Frau Judy getrennt hat. Es hatte Tradition, dass alle vier sich an Ramseys Geburtstag treffen. Weil Lawrence geschäftlich unterwegs ist, trifft sich Irina widerwillig allein mit Ramsey. Überraschenderweise verläuft der Abend sehr angenehm und Irina fühlt sich zu Ramsey hingezogen. Als sie nach dem Essen noch zu Ramsey nach Hause fahren, kommt es dort zu einem Kuss. Dieser Kuss ist die Schlüsselszene.

In der einen Variante entscheidet sich Irina für Lawrence, ihren grundsoliden und etwas langweiligen Partner, obwohl sie unzufrieden ist, unter anderem weil Lawrence nicht heiraten will. In der anderen Variante fällt die Entscheidung zugunsten Ramseys aus.

Die eine Irina muss feststellen, dass die Kirschen in Nachbars Garten verlockend aussehen, aber nicht unbedingt besser schmecken. Ist es wichtiger, einen aufregenden Mann zu haben, der heiratswillig ist oder einen grundsoliden, der einen selbst als Person schätzt und unterstützt?

Die erste Hälfte las sich flüssig weg und die Fragestellung "Was wäre wenn…" war psychologisch interessant umgesetzt. Später stellte ich mir leider immer wieder die Frage, was wäre, wenn das Buch ca. 200 Seiten kürzer gewesen wäre und viele Nebensächlichkeiten nicht so detailliert geschildert worden wären; wenn die Schwarz-Weiß-Zeichnung der beiden Varianten nicht so deutlich und durchschaubar gewesen wäre; wenn mir einige Hauptfiguren in einer der beiden Varianten nicht zunehmend unsympathisch geworden wären.

Sprachlich ist der Roman flüssig zu lesen. Die sprachlichen Gegensätze zwischen Ramsey (übertriebene Mischung verschiedener englischer Dialekte) und Lawrence (akademisches Amerikanisch) gehen in der Übersetzung verständlicherweise verloren, geben der Originalfassung noch ein besonderes Flair.

Alles in allem eine reizvolle Idee, mit einer durchaus realistischen Ausgangssituation. Ein Roman, der sich für lange Winterabende eignet.

© Monika Stache 2009


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