Philippe Thirault/Steve Cuzor/Meephe Versaevel: O'Boys - Das Blut des Missisippi - Band 1 - Rezension Literaturmagazin Lettern.de Philippe Thirault/Steve Cuzor/Meephe Versaevel:
O'Boys - Das Blut des Mississippi - Band 1

Ehapa Comic Collection
Übersetzung: Horst Berner
Hardcover
, 64 Seiten
13
,95 €
ISBN: 3-770-43348-3
 

Dieses Buch neu bestellen           gebraucht suchen 


Hit the Road, Huck

Die neue Comicserie von Thirault und Cuzor "O'Boys" basiert lose auf dem Roman "Die Abenteuer von Huckleberry Finn" von Mark Twain. Dabei handelt es sich nicht um eine Adaption, sondern vielmehr um eine Neuerfindung.

Huck Finn und sein Bruder Tom wachsen in den Sümpfen des Staates Mississippi auf. Ihr Vater Joe Finn ist ein Schwarzbrenner, Schmuggler, Trunkenbold und versteht Erziehung als Gelegenheit seine Kinder zu verprügeln. Als Tom und seine Jugendliebe vor dem Vater fliehen wollen, kommt es allerdings zu einem Unglück. Joe muss fliehen und Huck kommt als Adoptivkind zu einem reichen Ehepaar, welches eine Zuchtanlage für Fische besitzt. Doch Huck kommt mit der "Zivilisation" nicht zurecht und freundet sich mit dem Schwarzen Charley Williams an, mit dem er sich in den Blueskneipen der Schwarzen herumtreibt. Doch eines Tages kommt Hucks Vater wieder. Die Umstände zwingen schließlich Huck und Charley zu fliehen. Und so machen sich der Junge und der Schwarze auf den Weg durch die krisengeschüttelte und rassistisch geprägte USA.

Nach Auskunft der Autoren ist der Comic "O'Boys" inspiriert durch den Roman "Die Abenteuer von Huckleberry Finn" von Mark Twain. Einige Charaktere aus dem Roman kommen zwar vor, aber nur am Rande und oftmals auch nur namentlich. Abgesehen von dem Schauplatz hat der Comic relativ wenig mit der berühmten Romanvorlage gemeinsam. Trotz einiger kleiner Scherze ist der Comic auch keine Satire, wie das Buch, sondern ein ziemlich düsteres Bild des amerikanischen Südens in den 1930er Jahren. Die Handlung wurde in die Zeit der großen Depression versetzt und hat so vielschichtige Themen wie Rassismus, Armut, Not, Korruption und Gewalt, aber auch Solidarität, Freundschaft, Fantasie und Ehre. Der ganze Band atmet die Atmosphäre des Blues und der Hobos, die mit dem Zug nach Kalifornien fahren. Es gelingt den Autoren ein faszinierender Blick auf die Cajuns. Als Leser meint man die Hitze und die Luftfeuchtigkeit zu spüren. Auch die große Mississippi-Überschwemmung spielt eine große Rolle. Vom zeichnerischen her ist der Band sehr realistisch gehalten, wenngleich die Mimik der Charaktere manchmal etwas übertrieben wird. Einmal zu oft reißen sie sehr weit ihre Augen auf. Ansonsten punktet der Band aber mit hervorragenden grafischen Einfällen. Und das nicht nur in den albtraumhaften Traumsequenzen, sondern auch wie die ganze Trauer und Einsamkeit in drei Bilder gepackt wird (zum Beispiel auf Seite 10) ist sehr beeindruckend. Zooms und Abblendungen machen das Lesen durch die dynamischen Panelwechsel sehr abwechslungsreich. Und so ergänzen sich die Story, die Zeichnungen und deren Montage zu einem rundum gelungenem Ganzen.

Hervorragend. Hier ist alles stimmig: Milieu, Zeichnungen, Story. Eine mitreißende Geschichte lose auf einem Roman von Mark Twain basierend.

© Jons Marek Schiemann 2010


Aktuelle Kinderbuch-Rezensionen
Aktuelle Rezensionen
Aktuelle Hörbuch-Rezensionen
Rezensionen von A-Z
Rezensionen nach Genre

Rezensionen von lettern.de