Linn Ullmann: Ein gesegnetes Kind - Rezension Lettern.de Linn Ullmann - Ein gesegnetes Kind

Droemer Knaur Verlag
Übersetzung:
Ina Kronenberger
Hardcover, 384 Seiten
18
,00 €
ISBN: 3-426-19734-0
Hörbuch: 3-785-73268-6

 

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Im Mittelpunkt des vierten Romans der Tochter von Liv Ullmann und Ingmar Bergmann stehen drei Mädchen: Die Halbschwestern Erika, Laura und Molly. Zu ihrem Vater, dem Arzt Isak Lövenstadt, haben alle drei ein durchaus ambivalentes Verhältnis. Aber auf ihre Art buhlt jede der drei nach Kinderart um die Liebe und das Verständnis des eigenwilligen, charmanten Schürzenjägers über den man auf der Insel munkelt, dass er noch mehr illegitime Sprösslinge in die Welt gesetzt habe. Aber nur die drei Töchter unterschiedlicher Mütter dürfen alljährlich die Sommerferien bei Isak auf der Insel Hammersö verbringen. So lange zumindest, bis ein tragisches Ereignis die Tradition unterbricht ...

Fünfundzwanzig Jahre später sind die Töchter längst erwachsen – und ihr eigensinniger Vater wartet in Hammersö auf den Tod. Vor allem Erika drängt es, den Vater noch einmal zu besuchen, obwohl sie der Begegnung mit äußerst gemischten Gefühlen gegenübersteht. Ihre Reise, die im eisigen Winter stattfindet, wird zu einer Reise in die Vergangenheit – und deckt eine alte, ungesühnte Schuld auf.

Ullmanns Kunst besteht darin, überaus geschickt die Perspektive zwischen Erwachsenen- und Kinderwelt zu wechseln. Das ist für den Leser nicht immer leicht nachzuvollziehen; wenn er sich darauf einlässt, begreift er jedoch, dass hier eine neue Stimme laut und ein origineller, interessanter Stil geprägt wird.

Linn Ullmann beschreibt auch das abrupte Ende der Kindheit. Besonders eindringlich ist ihr die Geschichte Erikas gelungen: Ihr Versuch, einen Platz in der Mädchenclique der gnadenlosen Marion zu finden, zeigt die Pubertätsprobleme und die Wirren der Adoleszenz. Die latente Neigung zu hemmungsloser Grausamkeit, mag so mancher Leser in seiner Jugend auch am eigenen Leib erfahren haben. Der, den Erika eigentlich mag, ist der Außenseiter Ragnar, der Junge, der am selben Tag Geburtstag hat wie sie. Ragnar ist das Opfer – und Ragnar bildet das Zentrum der unbewältigten und niemals zu bewältigenden Schuld. Und Anteil an dieser Schuld haben alle: Isak, der Schweigende, Erika, die ihn verraten hat, Marion, die symbolisch den ersten Stein warf, aber auch alle anderen ...

Der Roman handelt von Ankunft und Abschied, vom Kommen und Gehen. Als die drei Töchter nach diesem – für jede von ihnen ereignisreichen – Vierteljahrhundert endlich wieder vor der Türe ihres Vater stehen ist die letzte Ankunft zugleich mit einem Abschied verbunden.

© Heide John 2006


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