Tad Williams - Otherland - Stadt der goldenen Schatten - Rezension Lettern.de Tad Williams - Otherland
Stadt der goldenen Schatten

Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Möhring 
Klett-Cotta 
920 Seiten 
25,51 €
ISBN 3-608-93421-9

 

Dieses Buch neu bestellen  <- gebraucht suchen


Cyberspace, elektronische Freiheit und Anarchie, immer bedroht von einigen finsteren Gestalten, die versuchen, das Netz für ihre ureigenen, grundsätzlich gemeinen Zwecke zu benutzen. Was mit William Gibson's "Neuromancer" begann, endet hier.

Tad Williams schafft es in gewohnt lockerer Weise, die Welt des Cyberspace und Lebens in 80 Jahren zu beschreiben. Wie von ihm gewohnt, sind es die Außenseiter, die Nobodys, die letztlich den Kampf aufnehmen. Nicht etwa, um Welt, Freiheit oder Demokratie zu retten. Weit gefehlt. Jeder kämpft aus durchaus egoistischen Motiven, aber... wenn es hilft die Welt zu retten, ist man geneigt ihnen diese Schwäche zu verzeihen.

Ungewohnt vielfältig für Williams sind die Handlungsstränge und die Menge der Protagonisten. Das merkt man vor allem auf den ersten 80 Seiten. Man hat das Gefühl, er könnte sich jeden Moment verzetteln und in der Masse der Handlungsstränge verlieren, aber dann entblättert er eine Welt wirklich faszinierender Möglichkeiten, Menschen und Handlungen.

Da ist der australische Buschmann, der mit Hilfe des Cyberspace die Welt seiner Vorfahren erhalten will; der durchgedrehte Spiele-Freak, nur interessiert an neuer Software und neuen Kämpfen; die junge Lehrerin, die eigentlich nur ihren dusseligen Bruder retten will und viele Nebenfiguren, die letzten Endes nur eines gemeinsam haben - Otherland!

Ein Geist in der Maschine, als goldene Stadt programmiert von einem Kreis, der sich "Gralsbruderschaft" nennt und im Moment noch völlig undurchsichtig ist.  Der Name allerdings ist passend, denn die Suche nach der Stadt der goldenen Schatten, Otherland, gestaltet sich wie die Suche nach dem Gral, und die Tafelrunde hätte keine würdigeren Vertreter haben können als unsere Helden.

Renie, die Lehrerin, stolpert über Otherland, als sie ihren Bruder sucht, der, auf einer seiner Hackertouren in den inneren Bezirk, geistigen Schaden genommen hat. Auf der Suche nach Heilung stößt sie auf weitere Krankheitsfälle, die seinem sehr ähnlich sind. Xabbu, Schüler Renies und Buschmann aus den Outbacks, immer auf der Suche nach Wissen in der virtuellen Welt, begleitet sie auf ihrer Suche rund um die virtuelle Welt.

Parallel dazu lernen wir Orlando kennen, einen begnadeten Rollenspieler, dem Otherland auf einer seiner Spiele-Touren im Web begegnet. Auch ihn lässt diese Erscheinung nicht mehr los. Die rätselhaften Figuren Paul Jonas, Soldat aus dem Ersten Weltkrieg, der bestimmt nur geistig hier ist und Herr Sellars, ein ganz und gar undurchsichtiger Charakter, der auf einem Militärstützpunkt lebt, komplettieren die Runde.

Gemeinsam kämpft man sich durch die vielen Widerstände, verbündet sich mit den Hackern dieser Welt, wird verfolgt von virtuellen Eingeborenen und vielerlei absonderlichen, aber immer liebevoll gezeichneten Charakteren, und landet schließlich in Otherland.

Und hier... tja... ab hier ist weiter lesen angesagt, und zwar ganz, ganz schnell, denn der zweite Teil dieser wundervollen Geschichte kommt bereits im Juli in die Buchläden und wird bestimmt ein Knaller.

Zusammenfassend bleibt nur zu sagen, dass dieser Roman das Zeug hat, zu den ganz Großen zu zählen.  Sicher sind gebundene Bücher nicht die billigsten, aber dieses ist jede Mark wert.

© Michael Weber 2000


Aktuelle Kinderbuch-Rezensionen
Aktuelle Rezensionen
Aktuelle Hörbuch-Rezensionen
Rezensionen von A-Z
Rezensionen nach Genre

Rezensionen von lettern.de