Bertolt Brecht
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Bertolt Eugen Friedrich Brecht wurde am 10.02.1898 in Augsburg geboren. Brecht studierte in München Medizin und Literaturwissenschaft. Schon in seiner frühesten Jugend beobachte er die politischen Vorgänge in Deutschland und besucht Wahlveranstaltungen der USPD. Noch 1923 verspottet Brecht die faschistischen Umzüge in München. Im Jahre des Hitler-Putsches 1924 schreibt Brecht seine bekannten Werke "Mann ist Mann" und "Im Dickicht der Städte". Diese Werke schildern den aggressiven, kraftvollen Typ des Kapitalisten, der sich an den sinnlichen Freuden des Lebens berauscht. Brecht attackiert auch fast alle zeitgenössischen Schriftsteller und beschäftigt sich mit marxistischer Literatur, Politik und Soziologie. 1927 entsteht eines seiner schönsten Werke "Die Hauspostille". Brecht betrachtet sich als Leninist der Schaubühne. Er benutzt die marxistische Theorie als ständigen Impuls für sich selbst und seine Werke. Die Lehrstücke "Der Jasager und der Neinsager" zeigen Brecht als engagierten Kommunisten, der sich aber keiner offiziellen Partei-Ideologie anpassen lässt. 1932 hält sich Brecht zum ersten Mal in Moskau auf. Ein Jahr später kommt Hitler an die Macht. Brecht flieht nach Zürich. Seine Schriften werden öffentlich von den Nationalsozialisten verbrannt.
Ende der dreißiger Jahre plant Brecht, seit 1933 im Exil, zum Ersten Mal die Herausgabe seiner Gesammelten Gedichte. "Hauspostille"
Legende vom toten Soldaten
Und als der Krieg im fünften Lenz
Keinen Ausblick auf Frieden bot
Da zog der Soldat seine Konsequenz
Und starb den Heldentod.
Brechts Gedichte sind Ausdruck seines Zeiterlebens. Er beschreibt im Gedicht und im Drama, die Historie seines Volkes.
Jede Lektion der Hauspostille kann mit dem Schlusskapitel beendet werden. Brecht entlässt seinen Leser mit einen Warngedicht:
Gegen Verführung
Lasst euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen;
Ihr könnt schon Nachtwind spüren:
Es kommt kein Morgen mehr.
Lasst euch nicht betrügen
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in schnellen Zügen!
Es wird euch nicht genügen
Wenn ihr es lassen müsst!
Lasst euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Lasst Moder den Erlösten!
Das Leben ist am größten:
Es steht nicht mehr bereit.
Lasst euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
Und es kommt nichts hinterher.
In diesem Warngedicht wird aber kein Trost gespendet. Mit hinreichenden Ermahnungen begleitet er seine Leser ins Leben zurück. Das letzte Wort in diesem Schlusskapitel soll als Credo des Gedichtsschreibers verstanden werden. Das ist ein Effekt, den Brecht gewollt hat sowie ein Schlüssel zum Verständnis der Geschichtssammlung. "Brechtsche Lebensphilosophie" Interpretation des Warngedichtes.
In den christlichen Geboten steht, sich nicht von den Lüsten und Anfeindungen der Welt verführen zu lassen; wer dies tut, dem droht ewiges Verderben. Brechts Gedicht kehrt diese Mahnung um. Er sagt, dass man sich nicht von den lebens- und weltfeindlichen Geboten verführen lassen soll, dass es gut und richtig ist, möglichst intensiv und ausgiebig zu sündigen.
Gebrauchsanweisung:
"Diese Hauspostille ist für den Gebrauch der Leser bestimmt. Sie soll nicht sinnlos hineingefressen werden.
1935 wird Brecht von den Nationalsozialisten ausgebürgert. Er reist abermals nach Moskau. Brecht verhält sich positiv kritisch zum russischen Kommunismus. 1938 werden Brechts Werke als "Entartete Kunst" in Düsseldorf ausgestellt. Die Niederlage der spanischen Republik und der Abschluss des Münchner Abkommens1938 machen dem Dichter seine Gefährdung deutlich. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 flieht er nach Schweden und dann, nach dem deutschen Einmarsch in Dänemark und Norwegen, 1941 über Finnland und die UdSSR in die USA.
Brecht schreibt im aufgezwungenen Exil viele Gedichte, die von finsteren Zeiten kündigen. Diese hat er in einer Sammlung zusammengestellt. "Svendborger Gedichte". Sie erscheinen 1939 in deutscher Sprache:
Geflüchtet unter das dänische
Strohdach, Freunde
Verfolgt ich euren Kampf, Hier schick ich euch
Wie hin und wieder schon, ein paar Worte,
aufgescheucht
Durch blutige Gesichte über Sund und Laubwerk.
Die Alliierten verbieten Brecht am Ende des Krieges die Einreise nach Westdeutschland. Brecht wird Generalintendant des Deutschen Theaters in Ostberlin.
Brechts Gedichte und Dramen sind Gelegenheitswerke. Doch anders als andere Schriftsteller dieser Zeit ging Brecht in die Offensive. Er sah sich eingebunden in die "Fülle der Kämpfe", der Kämpfe in der untergehenden Weimarer Republik , eingebunden in den Terror des Faschismus, und eingebunden in die sozialistischen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der DDR nach dem Zweiten Weltkrieg.
Als Brecht 1949 aus dem Exil nach Deutschland zurückkehrte, konnte er zum ersten Mal seine marxistischen Grundgedanken ausleben. Er träumte von einer Gesellschaft, in der es keine Klassenunterschiede, keinen Menschenhass und keine Kriege mehr geben würde.
An die Nachgeborenen
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch in finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.
Gingen wir doch, öfter als die
Schuhe die Länder
Wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.
Als Bertold Brecht 1956 starb konnte er nicht ahnen, dass sich dieser Wunsch auch in einem kommunistischen System nicht erfüllen würde.
© Kathie Meier
© Foto: Gabriele Thlon
Das Grab von Bertolt Brecht auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte.
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